Von der Sommerfrische zum Wochenendtrip.
Tourismus und Hotelarchitektur am Wörthersee.
von Astrid Meyer-Hainisch
Von der Sommerfrische zum Wochenendtrip.
Tourismus und Hotelarchitektur am Wörthersee.
von Astrid Meyer-Hainisch
Die Anfänge des „Fremdenverkehrs“ am Wörthersee – sieht man von den Aufenthalten Adeliger und Geistlicher auf ihren Schlössern und Klöstern im Mittelalter ab – liegen im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts.
Wichtigste Voraussetzungen für dessen Entwicklung waren die Einführung der Dampfschifffahrt auf dem Wörthersee 1853 und die Fertigstellung der Eisenbahnstrecke Marburg– Klagenfurt 1863 sowie die Weiterführung der Bahn von Klagenfurt nach Villach
(entlang des Wörthersees) im Jahr 1864. In den folgenden Jahren zog es nicht nur Bürgerfamilien aus Klagenfurt an den See, sondern es kamen mit der Bahn bereits erste Gäste aus Wien. Diese errichteten ab 1870 Villen in Pörtschach, Velden und Krumpendorf und zeitgleich entstanden auch die ersten Hotels.
Das unter Denkmalschutz stehende Hotel Wörthersee (1892) in Klagenfurt ist eines der wenigen heute noch erhaltenen Beispiele der Hotelarchitektur dieser Zeit.
Um 1900 erreichte die „Sommerfrische“ ihren ersten Höhepunkt, der sich in reger Bautätigkeit rund um den Wörthersee widerspiegelte. Inspiriert vom Heimatstil, romantischen Historismus, Späthistorismus, Jugendstil und vom englischen Landhaus errichteten die Architekten Franz Baumgartner, Josef Viktor Fuchs, Wilhelm Heß und andere rund um den See Villen und Privathäuser, die landläufig unter dem Begriff „Wörtherseearchitektur“ gefasst werden. Der österreichische Doyen der Architektur Friedrich Achleitner versteht darunter „eine Art Verschnitt [...] zwischen dem freien Grundriss eines englischen Landhauses und dem palladianischen Villentyp, während die Architektur meist Anleihen bei der deutschen Nationalromantik machte".
In Velden gelang es Baumgartner, diese Stilelemente in größerem Maßstab umzusetzen. Etwa bei der Mietvilla (heute Hotel Hubertushof 1910). Am Karawankenplatz entstanden nach seinen Plänen mehrere Hotelbauten – Hotel Kointsch (1909/10), Mösslacherhaus (ca. 1910) und Hotel Carinthia (1924/25) sowie das ehemalige Hotel Schranz (1928), das heutige Veldener Gemeindeamt, die städtebaulich ein Ensemble bilden und einen urbanen
Charakter schaffen.
Auch in Pörtschach entwickelte sich der Fremdenverkehr mit zahlreichen Beherbergungsbetrieben, neben dem Parkhotel etwa auch dem, ebenfalls von Baumgartner geplanten, Etablissement Werzer. In der Zwischenkriegszeit erlebte die Sommerfrische einen zweiten Aufschwung: Tanzveranstaltungen, Sportbewerbe und Rundflüge mit dem Wasserflugzeug „Nelly“ zogen internationales Publikum an. Im Hotelbau war der internationale Einfluss jedoch kaum bemerkbar, nur wenige Objekte wurden errichtet, etwa das Hotel Europa in Pörtschach. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam der Fremdenverkehr am Wörthersee zunächst nur langsam wieder in Schwung. Der Wiederaufbau gelang mithilfe von Krediten aus dem Marshallplan und ab 1949 kamen wieder internationale Gäste an den Wörthersee.
1950 wurde in Velden das Spielkasino eröffnet, 1951 fanden die „1. Internationalen Wasserschimeisterschaften“ statt. Modeschauen, Tanzturniere und Kurkonzerte, Bootskorsos und Auto-Blumenkorsos wurden veranstaltet. Schlager wie „Die Rose vom Wörthersee“ und Heimatfilme dienten der Imagepflege und Identitätsstiftung. Privathäuser und Villen wurden durch Um- und Anbauten in Pensionen und Hotels verwandelt. Der in den 1950er-Jahren einsetzende Tourismusboom erforderte auch zahlreiche Neubauten, die in den folgenden Jahren immer wieder verändert und den aktuellen Bedürfnissen angepasst wurden.
Die Hotels waren schlicht und schnörkellos: Funktionalität und Kapazität standen bei den Neubauten dieser Zeit im Vordergrund. Die Reiseveranstalter Touropa und Scharnow brachten den Massentourismus an die Kärntner Seen. Billige Unterkünfte und Camping waren zunehmend gefragt. „Parallel zu den Umbauten der Hotelprojekte entwickelte sich in den 60er- und 70er-Jahren ein Typ des rational-funktionalen Hotels“, schreibt Architekt Peter
Schurz in seiner Dissertation über die Architektur am Wörthersee.
Die Neubauten dieser Zeit reagierten auf die veränderten Urlaubsansprüche und boten Zimmer mit Bad/WC an. Langfristige Überlegungen flossen meist nicht in die Planung ein. Kubische Baukörper, strukturierte Fassaden (Fensterband – Massivwand) mit starker horizontaler Gliederung (Balkone) sowie großen Fensteröffnungen prägen die Hotelarchitektur der 1960er. Der Grundriss bzw. die Funktionen (Zimmer, Erschließung) sind an der Fassade ablesbar. Über einem repräsentativen Sockelgeschoß. Ein Flachdach oder flach geneigtes Dach bildet einen leichten oberen Abschluss.
Während die Hotels der 1950er-Jahre noch an die Bautradition anknüpften und bei Größe und Ausführung gespart werden musste, war im Hotelbau der 1960er-Jahre der Wirtschaftsaufschwung bereits spürbar. Großzügigkeit sollte durch die Raumproportion und -anordnung sowie Eleganz durch die Auswahl edler Materialien vermittelt werden. Während die Hotelbauten der 1950er meist einen durchlaufenden, nur mit Elementen unterteilten Balkon (Laubengang) aufwiesen, wurde nun dem Wunsch nach privatem Freiraum durch Loggien entsprochen.
Beim Parkhotel in Pörtschach wurde dies durch Verdrehen der Fassadenfluchten geschickt gelöst. Weitere Beispiele der Hotelarchitektur dieser Zeit in Pörtschach sind das von Architekt H. Rabl 1968/69 umgebaute Hotel Werzer (1958), das von BM Ernst Sztriberny 1968/69 errichtete Hotel Samitz (Ambassador), bzw. das Hotel Dermuth. In Velden ist das Hotel Europa (1960) von Architekt Ferdinand Brunner und in Sekirn das Ferienheim (1966) der Wiener Sängerknaben von Architekt Karl Heinz Lanugger zu nennen. In Krumpendorf errichtete Architekt Martin Schmid einen modernen Bau (1964/65), der Gemeinde- und Fremdenverkehrsamt sowie den Kursaal beherbergt und einen großzügigen Vorplatz L-förmig einfasst.
In den 1970er-Jahren erreichte die Bautätigkeit im Hotelbau am Wörthersee einen Höhepunkt. Diese verwandelte das Landschaftsbild nachhaltig und führte zu einer Verschiebung des Maßstabs (Bauvolumina versus Freiraum), wie sie auf der Halbinsel in Maria Wörth sichtbar ist. Zunehmende Mobilität und die Konkurrenz durch billigere und wetterbeständige Destinationen am Mittelmeer veränderten zur selben Zeit die Reisegewohnheiten. Der aufkommende Trend zu Fernreisen sowie die fehlende Positionierung der Destination Wörthersee und der Investitionsrückstau vieler Hotelbetriebe führten in den 1980er-Jahren zu einem Rückgang der Nächtigungszahlen. Die Förderung des Qualitätstourismus versuchte dem entgegenzusteuern. Seit den 1990er-Jahren wurden und werden rund um den Wörthersee Hotel- und Apartmentkomplexe errichtet, wobei die Baukosten durch den Erlös der Apartments gedeckt werden sollen. So entstanden überdimensionierte Baumassen in erster Reihe und Zweitwohnsitze mit „kalten Betten“. Schurz erkennt drei Problemstellungen im Hotelbau: die funktionale Organisation, die formale Gestaltung und der zu bewältigende Maßstab. „Es handelt sich hier [...] um die Grundsatzfrage in der Architektur, wie in Zukunft der Hotelbau gelöst werden kann und soll.“ Die Parameter sind heute die gleichen wie vor 50 oder 100 Jahren.
Die Zukunft der Wörtherseeregion und deren Erfolg als Tourismusdestination werden wesentlich davon abhängen, ob es gelingt, ein ausgewogenes Verhältnis von Naturlandschaft und gebauter Umwelt zu schaffen.