Eleganz und Wohnlichkeit.
Das Parkhotel im Detail.
von Iris Meder
Die jüngste Vergangenheit wollte man in den 1950er-Jahren am liebsten schnell vergessen und stattdessen in eine westlich geprägte, neue, freie Zukunft schauen. Auch der Wörthersee sollte modern und mondän sein – nicht verstaubte Sommerfrische, sondern schicker place to be. Die Gebäude des alten Etablissement Wahliss waren nach dem Abzug der britischen Truppen in desolatem Zustand.
Nachdem 1953 die Gemeinde den Komplex erworben hatte, wurde der Wiener Architekt Georg Lippert mit Planungen für das Hotel beauftragt. 1908 geboren, hatte Lippert an der Technischen Hochschule und bei Clemens Holzmeister an der Akademie der Bildenden Künste in Wien studiert. Zur Zeit seiner Planungen für das Parkhotel war er in Wien am Bau des Opernringhofs beteiligt; außerdem entstand nach seinen Plänen das Hotel Prinz Eugen gegenüber dem Wiener Südbahnhof. Zum damals weniger verkehrsbelasteten Gürtel und dem Bahnhofsgelände öffnet es sich in so leichten, luftigen Balkonen, als stünde es in Caorle oder Bibione.
Es war Lipperts beste und produktivste Zeit. Für Pörtschach projektierte er Anfang 1955 einen Neubau in Form eines viergeschossigen, liegenden Quaders als Zubau zum „Seehaus“. Der Altbau sollte um zwei Geschoße aufgestockt und im Erdgeschoß an der Seeseite um einen polygonalen Speisesaal mit großer Terrasse erweitert werden, ergänzt durch eine Tanzdiele im Keller des Altbaus und eine Kegelbahn im Untergeschoß des Zubaus. Mit teilweise nur 12 m² plante Lippert die Doppelzimmer sehr klein. Lipperts Pläne wurden nicht realisiert.
Stattdessen beauftragte man 1958 Josef Vytiska mit neuerlichen Planungen. Vytiska, als Sohn tschechischer Eltern 1905 in Wien geboren, hatte bei Oskar Strnad an der Wiener Kunstgewerbeschule und anschließend bei Peter Behrens an der Kunstakademie studiert. Mit seiner dezent modernen und gleichzeitig unverbindlich konservativen Architektur war er im Wohnbau ebenso erfolgreich wie im katholischen Kirchenbau. Nach dem Krieg realisierte Vytiska u. a. in Wien mehrere Neubauten gegenüber der Oper, am Stephansplatz und am Franz-Josefs-Kai.
Für Pörtschach arbeitete Vytiska ab Jänner 1958 gleich vier Varianten zur Vorlage bei den Baubehörden aus. Vytiska sah einen Neubau in Form einer neunstöckigen, liegenden Scheibe ähnlich dem später realisierten Bau vor, allerdings mit kompakten Appartements anstelle kleiner zellenartiger Hotelzimmer. Die Entwurfsvariante 2 hatte, als 15-stöckiges Punkthochhaus mit Windmühlenflügel- Grundriss, wohl wenig Chancen auf eine Bewilligung. Bei der vierseitigen Orientierung des Hochhauses plante Vytiska die mit großzügigen Eckbalkonen ausgestatteten Zimmer zueinander jeweils um einige Stufen höhenversetzt. In der Ausgeführt wurde der Bau schließlich mit 25 Appartements und 147 Zimmern von gut 26 m² Größe und einem vorspringenden verglasten Speisesaal an der Promenadenseite. Das Dach nahm eine Terrasse mit „Liegehalle“ auf. Das Stiegenhaus an der Ostseite (Zufahrtsseite) ist als eigener Baukörper mit vertikal geführtem Fensterband (Profilitverglasung) erkennbar. Südöstlich zum Neubau abgewinkelt war ein nicht ausgeführtes, elegantes zweistöckiges verglastes Tanzcafé mit Wintergarten und Hof mit drei Springbrunnen vorgesehen. In seiner großstädtischen Dimension und Attitüde orientiert sich das Gebäude an der gleichzeitigen Bautätigkeit in boomenden Sehnsuchtsorten der Adria wie Rimini und Riccione.
Ein mit Punktstrahlern beleuchtetes, weit ausladendes und abgeknicktes Flugdach über der Vorfahrt begrüßt Ankommende, unter dem flotten Schriftzug „Parkhotel“ leiten Glasschwingtüren mit tomatenroten quadratischen Kunststoffdrückern in die Lobby, deren Verglasung den südliche Stimmung verbreitenden Blick auf Park und See freigibt. Das Foyer wurde mit aufwendigen Materialien im damaligen Zeitgeschmack ausgestattet: Wände und Boden sind in der Eingangsachse in schwarzem Marmor, sonst in Terrazzo, die Fahrstuhltüren in eloxiertem Rippenblech gehalten. Die harten, kühlen Oberflächen entsprechen italienischem Geschmack.
Die tragenden Pfeiler sind zusätzlich verspiegelt und so quasi entmaterialisiert. In warmer Holzverkleidung über der Empfangstheke präsentiert sich dagegen die Rezeption, die dem Gast das Gefühl nobler Eleganz bei gleichzeitiger häuslicher Wohnlichkeit vermitteln soll. Auch hier haben sich die Details der Entstehungszeit bis hin zur Reihe zylindrischer Metallhängeleuchten erhalten. Auf der Terrasse des Restaurants finden sich nach wie vor die originalen, entlang der Brüstung gereihten stehenden Glaszylinderlampen mit schwarzen Metallhütchen. Überhaupt wurde auf die Lampen besonderes Augenmerk gelegt; neben großvolumigen, rechteckigen Glasdeckenleuchten im Seminarbereich fallen im Klavierzimmer die runden von Blätterkränzen eingefassten Wandlampen auf. Diese streuen – zusammen mit der typischen vertikal linierten und konkaven Holzleistenverkleidung – angenehm mildes, indirektes Licht. Diese Holzverkleidung zieht sich als Gegenpol zur kühlen Steinverkleidung an Säulen und Boden durch das gesamte Erdgeschoß (Entrée, Speisesaal).
Zimmer und Appartements wurden im schlicht-eleganten Zeitgeist der „guten Form“ wohnlich und zwanglos mit Sitzgruppen, Regalen und Sideboards in Holz und schwarz lackiertem Metall eingerichtet. Farbe brachten nur die gelben Vorhänge und kleine färbige Accessoires in den Raum. Kräftige Farben fanden lediglich im Freien (Balkonmöbel, Sonnenschirme) Verwendung. Beeindruckend für die Besucher sind neben der klaren Form die ausgefeilten Details, die heute noch weitgehend original erhalten sind: etwa die tomatenroten Kunststofftürdrücker, die blau resopalbeschichteten Griffe am Eingang der Seminarräume oder die Messing-Rundgriffe der Telefonzellen sowie die frei geformten Messinggriffe beim Speisesaaleingang. Durch die Transparenz der Raumtrennelemente treten diese auch stark in Erscheinung.
Die Modernität des Gebäudes lässt sich auch an den technischen Innovationen in der Gebäudetechnik (Telefonanschluss in jedem Zimmer, Lüftungsanlage inkl. Wasseraufbereitung) ablesen.
Als das Hotel 1963 neu eröffnete, war es einer der wichtigsten Bauten des modernen Wörthersee-Tourismus – auch wenn es in der Fachpresse nicht rezipiert wurde. Kurz zuvor hatte in Pörtschach der Architekt Karl Hayek das Hotel Sonnengrund noch im Stil der 1950er-Jahre umgebaut und erweitert, mit Balkonbrüstungen aus zeittypischem „Wellcotalit“ in optimistischem, Urlaubsstimmung verbreitendem Zitronengelb und Türkis. Zeitgleich mit der Errichtung des Parkhotels in Pörtschach zog auch in Velden und Klagenfurt die formal reduzierte Eleganz der Sechziger ein.
Der Wörthersee war, so schien es, in der Moderne angekommen.