Das Appartementhaus der 1960er-Jahre heute.
Ausblick.
von Gordana Brandner-Gruber
Keine Luftaufnahme des Tourismusorts Pörtschach am Wörthersee, auf der das Parkhotel auf der lang gezogenen Halbinsel nicht prominent in Erscheinung tritt!
Der weiße Scheibenbau der 1960er-Jahre ruht erhaben auf der grünen Halbinsel, die mit beidseitigen Buchten weit ins türkisblaue Wasser hinausreicht. Er begleitet die beliebte Seepromenade der Westbucht und bildet gleichsam ihr Rückgrat an der Stelle, wo sie sich zum Blumencorso mit Rabatten und Parkbänken und weitem Seeblick nach Velden öffnet.
Die Promenade scheint die Großzügigkeit der Bebauung übernehmen zu wollen. Wird sie zuvor von Hotels und Bädern begleitet, weitet sie sich vor dem Hotel bis zum Pörtschacher Strandbad, um auf schmäleren Wegen weiter durch den unter Naturschutz stehenden Park zu führen. Von der Veldener Bucht aus betrachtet bildet das Parkhotel nicht weniger als das räumliche Gegenüber.
Hotelbau mit Dimension
Das am 1. Juli 1963 eröffnete Parkhotel war nicht unumstritten – denn für seine Errichtung musste das bekannte, allerdings bereits durch Krieg und Vernachlässigung stark desolate Etablissement Wahliss abgebrochen werden. Die dann errichtete großzügige Anlage weist jedoch räumliche Qualitäten auf, die heute kaum mehr machbar wären. Besonders beeindrucken die Lage und Situierung des Baukörpers. Auf einem Sockel, der durch Unter- und Obergeschoß gebildet wird, treten Rezeption, Lounge, Konferenzräume, Küche und Speisesaal im Erdgeschoß hervor, während sieben Regelgeschoße 350 Bettenbeherbergen. 110 Zimmer orientieren sich Richtung Westen und 85 Zimmer Richtung Osten, wo sich auch die drei Lifte und das dahinter liegende Stiegenhaus befinden.
Alle Zimmer bieten Seeblick: nach Westen mit breitem Seepanorama und nach Osten mit grünem Ausblick auf den hoteleigenen Park, die hügelige Landschaft und die Seebucht von Sallach. Das „Zimmer-Stapeln“ in Höhe und auch Breite entlang eines Mittelgangs folgte den für die Epoche maßgebenden Prinzipien der Wirtschaftlichkeit und Verdichtung, ohne auf ästhetische Kriterien zu verzichten.
Die umgebende Landschaft sollte umso mehr zur Geltung kommen, wie bereits Architekten der Moderne Jahrzehnte früher vorgezeigt hatten. Beim Parkhotel gelang dies auf eindrucksvolle Weise. Der Park im Rücken des Hotels konnte in seiner beeindruckenden Größe von 40.000 m² erhalten bleiben. Seine gepflegte, ebene Rasenfläche wirkt mit dem alten Baumbestand mondän und kann auch von Nichtgästen auf Wegen durchwandert werden.
Das weit ausladende Vordach huldigt dem Vorfahren im Auto, geparkt wird außerhalb. Im Süden liegen etwas tiefer gesetzt die Tennisplätze, der Badestrand befindet sich getrennt durch eine Anliegerstraße in der Ostbucht. Die weitläufige grüne Oase beeindruckt gerade am Wörthersee, der am Ufer stark verbaut ist. Die Praxis der Investoren geht seit Jahren zulasten des Freiraums und folgt dem Renditedenken, dessen Wert sich in verkauften Wohnflächen niederschlägt.
Raumqualitäten der 1960er-Jahre- Architektur.
Als Kind seiner Zeit verkörpert das Parkhotel die Leistungsfähigkeit und Kreativität der beginnenden 1960er- Jahre. Das Wirtschaftswunder nach dem Zweiten Weltkrieg zeigte sich in verfügbarer Freizeit, Urlaubsgeld und motorisiertem Verkehr. In den Sommermonaten brachen unzählige Reiselustige, allen voran Deutsche, Richtung Süden auf und führten auch am Wörthersee zu einem neuerlichen Boom des Sommertourismus, der seinen Höhepunkt in den 1970er-Jahren fand. Der Massentourismus brachte städtische Lebensweisen mit sich, die wiederum Bauweise und Landschaft beeinflussten.
Die Vorteile der modernen Technik und Organisation flossen in die Bauten ein und rationelle Baumethoden lösten die alte, massive Bauweise ab. Beim Parkhotel ermöglichte die Leichtbauweise die filigrane Ausführung der Fassade – zarte Loggien mit Jalousien umrahmen die Zimmerverglasung, deren Metallbrüstungen und Handläufe angenehm die Horizontale betonen. Die Fassade weist wohltuende Proportionen auf und wirkt trotz ihrer Dimension leicht und transparent und scheint mit den sanften Seewellen um Feinheit wetteifern zu wollen. Diese Eleganz spiegelt sich viel zu selten auch noch in der heutigen Bauweise am Wasser wider.
Wie sich das Hotel am Inselgelände einbettet, ist ebenso beachtenswert. Da die Seepromenade um einige Meter tiefer als der Hotelpark liegt, fungiert das Untergeschoß als Kante nach Westen, über dem sich das verglaste Erdgeschoß mit Balkon ansehnlich hervorschiebt. Zwischen Seepromenade und Gebäude weitet sich viel Platz für eine leicht erhöhte Hotelterrasse, von der zwei elegant geschwungene Freitreppen nach oben führen.
Das Parkhotel ist ungewöhnlich aus einem Guss gestaltet und bis auf Erweiterungen im Unter- und Erdgeschoß heute als solches erhalten, während manch andere Hotels Jahr für Jahr kleinteilig und ohne ersichtliches Gesamtkonzept umgebaut und erweitert werden.
Baukulturelle Herausforderung
Es stellt sich die Frage, wie wir in Zukunft mit den Hotelbauten der 1960er-Jahre am Wörthersee umgehen wollen. Villen und Schlösser zählen zu den anerkannten Kulturdenkmälern, während Bauten der Nachkriegsmoderne generell gering geschätzt werden und oftmals abgerissen wurden. Langsam kehrt ein Umdenken ein. So will die Deutsche Stiftung Denkmalschutz hervorragende Bauten der 1950er- und 1960er-Jahre sanieren und sieht ihre baukulturelle Verantwortung darin, Lösungen für konstruktive Mängel und
veränderte Energiestandards zu finden. In Kärnten thematisierte 2011 im Rahmen des INTERREG-Projekts Cultural Experience Carinthia-Gorenjska“ ein Workshop das qualitätvolle Bauen am Wasser nicht durch Neubau, sondern durch Revitalisierung der vorhandenen Tourismusanlagen. Der Massentourismus ebbte am See bereits in den 1980er-Jahren ab, die Aufenthaltsdauer der Gäste fällt kürzer aus, wenngleich unterschiedliche Großveranstaltungen von Sport- bis Kulturevents Gästescharen bringen. Bus- und Businesstourismus benötigen ausreichend verfügbare Zimmer. Dem kulturell gebildeten Gast soll jedoch in Zukunft mehr entsprochen werden. Studien wie „Das Hotel der Zukunft“ (www.hotelderzukunft.at) prognostizieren den erfahrenen Gast, der nach authentischen Luxuserfahrungen im Alltag Ausschau hält und edle Materialien, Raumarchitektur und extravagante Plätze genießt. Hotels werden zu Destinationen, die außergewöhnliches, reduziertes Ambiente mit besonderem Wohnerlebnis beinhalten. Mancherorts wird bereits erfolgreich auf die Synergien von zeitgenössischen Akzenten und unkonventionellem Retro-Chic gesetzt.
Das Erkennen und Bewusstsein-Schaffen der räumlichen Qualitäten der noch vorhandenen 1960er-Jahre-Architektur ist der erste notwendige Schritt. Die weitere Folge kann in ihrer behutsamen und gleichzeitig kreativen Adaptierung durch geeignete Fachleute innerhalb eines umfassenden Gesamtkonzepts liegen.